Wieviel Autoverkehr verkraften wir?

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Radfahrer
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Registriert: Dienstag 15. Juni 2010, 15:57

Wieviel Autoverkehr verkraften wir?

Beitrag von Radfahrer »

Als Teilnehmer der Versammlung am 20. Oktober möchte ich festhalten:
In der automobilen Gesellschaft hat jeder Verkehrsplaner einen wirklich schweren Job. Es sei eine Kunst, es allen recht zu machen, so formulierte es Herr Rupprecht, Erfurts Verkehrsamtsleiter. Allen? Da hat er sich wohl unbewusst selbst widersprochen mit dem Hinweis, dass es für Kinder lebensgefährlich sei, im Andreasviertel auf der Straße zu spielen. Ja, wem gehört eigentlich idie Straße? Klare Antwort: den Auto. Aber wie viele Autos verkraftet die Stadt und wie sieht es mit der Zukunft des Autos aus?
Für Verkehrsplaner sollte die Datenbasis schon wichtig sein, wie viele Bewohner und wie viele Autos zu einem Stadtteil gehören, wo nach besseren Verkehrslösungen gesucht wird. Bei der Zahl 2700 für die Einwohnern gab es Konsens, die PKW-Anzahl wurde im Teilnehmerkreis auf 2000 geschätzt, Herr Kinzel, Amtsleiter Verkehrsplanung, schätze 1000 (ohne gewerblich genutzte Fahrzeuge) und im Internet war die die Zahl 1300 an vorhandenen Stellplätzen zu finden. Soweit die nüchterne Betrachtung der Verkehrssituation in einem nicht ganz unbedeutenden Bereich der Erfurter Innenstadt.
In diesem FORUM hatte dazu die Stadtverwaltung den Handlungsbedarf so kommuniziert (Auszüge):
… Ein Schwerpunktproblem ist die Unterbringung des ruhenden Verkehrs. … Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, werden zurzeit vorhandenen Brachen als Stellplätze genutzt. … Mit der Neubebauung der Baulücken sind ca. 160 Stellplätze nachzuweisen.
Also: der Bedarf bestimmt die Planung bzw. Realisierung.
Es ist wie mit den Eiern: keiner wollte Tierquälung aber die meisten kauften Käfigeier. Das war gestern und hat sich rasant verändert. Wann wird sich die Einstellung zum Autoverkehr ändern? Viel wollen (müssen) Auto fahren, aber viele stört der wachsende Verkehr(slärm). Auch hier stehen wir vor Veränderungen.
Man höre und staune, es gibt auch Menschen, die ohne Auto existieren! Auch das hat die Diskussion gezeigt. Es gibt auch Kinder, ältere Mitbürger und Menschen, die kein Auto besitzen (für viele immer noch etwas Unvorstellbares), die im Andreasviertel leben (möchten).
Aber lebenswert wird es erst mit einer Reduzierung des Autoverkehrs, das wurde an diesem Abend deutlich. Jeder kann z. B. TeilAuto nutzen, was noch viel mehr unterstützt werden sollte, so ein Hinweis einer Teilnehmerin.
Auch die Stadtverwaltung kann noch viel mehr tun, auch wenn sie das selbst noch nicht so sieht. Warum z. B. soll eine Überarbeitung der Stellplatzsatzung nur für bestimmte Ausnahmen in der Innenstadt erfolgen? Warum blicken wir in dieser globalisierten Welt nicht auf Beispiele, die zu Erfurt passen?
Auch Berlin hat ein hervorragendes ÖPNV-Netz und vermutlich deshalb auch nur 322 Autos auf 1000 Einwohner (Erfurt: 440!). Ist das Erfurter ÖPNV-Netz soviel schlechter? Außerdem kann man Erfurt als Stadt der kurzen Wege bezeichnen, Berlin eher nicht. Berlin hat zudem die Stallplatzsatzung dahin gehend geändert, dass die Verpflichtung, bei Wohnbebauung Autostellplätze zu schaffen, abgeschafft und ersetzt wurde durch die Verpflichtung, Fahrradstellplätze zu errichten. Modell für Erfurt? Eigentlich keine Frage bei dieser kompakten Innenstadt.
Und in Zürich – um ein weiteres Beispiel zu nennen – hängt die Stellplatzbereitstellung vom ÖPNV-Angebot und der Luftbelastung ab, was zur Folge hat, dass keine Autostellplätze genehmigt werden, wenn in weniger als 7,5 Minuten Gehzeit eine Haltestelle erreicht werden kann.
Fazit:
Der Trend – weg vom Auto, hin zum Fahrrad – ist weltweit zu beobachten und sollte auch in Erfurt zur Kenntnis genommen werden.
deckert
Beiträge: 3
Registriert: Donnerstag 21. Oktober 2010, 15:17

Re: Wieviel Autoverkehr verkraften wir?

Beitrag von deckert »

sehr richtig, ihre zeilen. allein fuer radfahrer wird viel zu wenig getan. ein paar unzumutbare radwege und ein nicht nutzbares pflaster in weiten teilen des andreasviertels. statt einer nachhaltigen entwicklung wird auf bestehende verordnungen verwiesen (z.b. 50% besucherstellplatzanteil!). verordnungen, die die stadt selbst erlaesst und jederzeit aendern koennte. aber ohne vision wird das hier nichts.

gruesse prof. deckert
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