Verkehrswende - was ist das eigentlich?

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Radfahrer
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Registriert: Dienstag 15. Juni 2010, 15:57

Verkehrswende - was ist das eigentlich?

Beitrag von Radfahrer »

Verkehrswende - was ist das eigentlich?

Varianten 1 bis 3 und vielleicht noch eine Variante 4 – irgendeine Lösung wird es am Ende geben, aber das ist letztlich zweitrangig, weil offenbar eines vermieden werden soll: die Reduzierung des privaten Autoverkehrs in der Altstadt. Das Gegenteil ist der Fall. Wie sonst muss man die Baustelle in der Kürschnergasse bewerten, wo auf engstem Raum zehn (!) Autos hinzukommen werden, die ja nach der Fertigstellung der Wohnungen auch gefahren werden. Wie konnte ein solcher Bauantrag überhaupt noch genehmigt werden? Warum gibt es immer noch keine Stellplatzbegrenzungssatzung? Auch mit solchen Entscheidungen werde Weichen für die Zukunft gestellt, fragt sich nur welche …
Der Klimawandel ist inzwischen ein Mainstream-Thema geworden, und immer mehr Weichenstellungen, die unsere Zukunft beeinflussen, werden verantwortungsbewusst vor diesem Hintergrund getroffen. Was den motorisierten Verkehr angeht, hat Erfurt den Pfad der autogerechten Stadt bedauerlicherweise bis heute noch nicht verlassen, und wir werden wohl noch Jahre oder Jahrzehnte mit der (immer noch!) anwachsenden Autoflut leben müssen, ungeachtet aller Forderungen nach einer Verkehrswende. Und solange Verkehrswende lediglich als Antriebswechsel verstanden wird, wird Erfurt vermutlich den Anschluss verlieren, was eine wahre Verkehrswende betrifft. Der Stadtverwaltung fehlt offensichtlich sogar der Mut, wenigstens mal den Blick zu wagen, auf andere Städte, wo mit guten Ideen und Erfolg gegen die Überflutung durch den Autoverkehr vorgegangen wird.
Für den Wenigemarkt wird es zu eine Entscheidung kommen, die in dieser Hinsicht keinen Wandel einleiten wird. Nicht nur an diesem Ort kommt es zu Belästigungen sowohl durch den motorisierten Liefer- und Anwohnerverkehr. Klar, Lieferverkehr muss sein, könnte ja sukzessive vielleicht auch mal mit Muskelkraft probiert werden. Beispiele gibt es viele. Und der Anwohnerverkehr? Hier gilt in Erfurt das ungeschriebene Grundrecht auf Autobesitz, egal wo. Auch an sensibelsten Standorten werden Stellplätze für den privaten Autobesitz gebaut, so als ob das Bedürfnis zu Wohnen automatisch mit dem Bedürfnis auf einen Stellplatz verbunden wäre. Diese Annahme ist schlicht falsch und hat bekanntlich ganz andere Ursachen.
Solange der Stadt Autos wichtiger sind als Bäume – passendes Beispiel dazu: Parkhaus Löbertor – dürfen wir nicht aufhören, alle nur denkbaren Maßnahmen für eine lebenswerte Zukunft einzufordern!

daz lesenswert:

wikipedia
… Mit der Reichsgaragenordnung des Jahres 1939 sollte sichergestellt werden, dass bei jedem Wohnhaus für potentielle Fahrzeughalter Stellplätze zur Verfügung gestellt werden. Pro Wohneinheit war damals die Errichtung eines Garagenplatzes gefordert. Mit diesem ersten Schritt zur autogerechten Stadt wurde erreicht, dass über die frühen Jahre der Motorisierung hinaus bereits jeder Wohnungsneubau mit entsprechenden Garagen versehen wurde. Hintergrund war die Einführung des Volkswagens.
… Oftmals stimmt die geforderte Anzahl der Stellplätze nicht mit dem Bedarf überein. Beispielsweise werden in der Regel auch Stellplätze gefordert, wenn sich die jeweiligen Bewohner eines Hauses gegen ein eigenes Auto entscheiden oder aufgrund einer guten ÖPNV-Anbindung nur wenige Stellplätze nötig sind. Die Stellplatzpflicht erhöht somit unnötig die Baukosten für Gebäude und wirkt als Investitionshindernis. Auch Projekte für autofreies Wohnen werden verkompliziert. …

www.freitag.de/produkt-der-woche/buch/n ... ich-selbst
… Die Kunst des Aufhörens
Welzer stellt fest, dass unsere Kultur kein Konzept vom Aufhören hat: Sie baut Autobahnen für Zukünfte, in denen es keine Autos mehr gibt; sie versucht, Zukunftsprobleme durch Optimierung zu lösen, obwohl ein optimiertes Falsches weiterhin falsch ist. …
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