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Stadionbau
Verfasst: Dienstag 8. September 2009, 12:57
von Ökosozial
Eine Entscheidung wie die Bereitstellung von Millionen für einen Stadionneubau sollte in einem demokratischen Gemeinwesen nicht ohne das Aufzeigen von Alternativen für die Mittelverwendung getroffen werden. Die Frage ist nicht allein, ob das Stadion neu oder umgebaut werden soll, sondern die zwingend mit zu klärende Frage ist, was in einem solchen Fall alles nicht mehr finanzierbar ist bzw. was alles finanziert werden könnte, wenn auf den Neubau oder einen aufwendige Sanierung verzichtet würde. Die Frage ist nicht allein, wie ich eine Minderheit von Stadienbesuchern und -nutzern beglücke, sondern gleichermaßen, welche Konsequenzen dies für eine Mehrheit von Bürgerinnen und Bürgern hat, in deren täglichem Leben ein Großstadion so gut wie keine Rolle spielt, wohl aber Schulen, Kindertagesstätten, Freizeit- und Kultureinrichtungern, Vereine , ehrenamtliche Einrichtungen usw.
Welcher Art eine "Visitenkarte" Fussballstadion ist, erleben die Erfurter ca. an jedem zweiten Wochenende, wenn grölende und randalierende Horden, sog. Fussball-Fans, das gesamte städtische Umfeld in einen Belagerungszustand versetzen, von stundenlang kreisenden Helikoptern und vom Steuerzahler bezahlten Grossaufgebot der Polizei ganz zu schweigen. Für die Finanzierung eines derartigen gesamtgesellschaftlich weitgehend nutzlosen Spektakels werden dann hunderte notwendiger oder sinnvoller kleine und mittlere Projekte geopfert, für die dann eben "kein Geld mehr da ist", wie einem später von Stadträten und OB unisono verkündet werden wird.
Also: ohne Alternativ-Szenarien und entsprechende Durchrechnung für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren keine Großprojekte wie den Stadionneubau. Wir brauchen keine Prestige- und Mega-Projekte für einen zunehmend zweifelhaften und kommerzialisierten Sportbetrieb , sondern eine nachhaltige Stadtentwicklung mit Schwerpunkt auf Bildung, Umweltschutz, Kultur und Familien. Wenn der Bürgerbeteiligungshaushalt nicht frühzeitig als Placebo entlarvt werden soll, muss genau das Stadionprojekt nebst alternativen Verwendungsmöglichkeiten für die betreffenden Mittel zum Gegenstand gemacht werden.
Re: Stadionbau
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 11:14
von Museumsfreund
Dieser Beitrag trägt teils recht polemisch alle Argumente gegen den Stadionbau zusammen, bei Ausblendung aller Aspekte, die für das Vorhaben sprechen, wie die gleichzeitige Nutzung des akut sanierungsbedürftigen Komplexes als Mehrzweckstadion für Sportler aller Altergruppen, die Impulse für Stadtentwicklung und Außendarstellung Erfurts mit einer modernen Hybridarena usw. Mit solchen tendenziösen Statements ist der angestrebten Bürgerbeteiligung nicht gedient.
Re: Stadionbau
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 11:56
von Bürger-Mühlenviertel
[quote="Museumsfreund"]Dieser Beitrag trägt teils recht polemisch alle Argumente gegen den Stadionbau zusammen, bei Ausblendung aller Aspekte, die für das Vorhaben sprechen, wie die gleichzeitige Nutzung des akut sanierungsbedürftigen Komplexes als Mehrzweckstadion für Sportler aller Altergruppen, die Impulse für Stadtentwicklung und Außendarstellung Erfurts mit einer modernen Hybridarena usw. Mit solchen tendenziösen Statements ist der angestrebten Bürgerbeteiligung nicht gedient.[/quote]
Der Beitrag von Ökosozial ist vielleicht polemisch. Aber das er tendenziös ist kann man ihm meiner Meinung nach nicht vorwerfen – hier sollen Bürger schließlich ihre Meinung äußern.
Ich finde eine sachliche Diskussion über den Stadienbau gehört zum BBH. Es soll schließlich sehr viel Geld investiert werden – das man wie bereits erwähnt an anderer Stelle auch gut investieren könnte. Ich persönlich würde beispielsweise eine Sanierung von Schulen dem Stadienneubau vorziehen. Auch gibt es an so vielen Stellen kaputte Bürgersteige, schlecht gepflegte Grünanlagen etc. – die Behebung all dieser Kleinigkeiten ist mir lieber als ein Stadiumsneubau.
Fazit: Ich bin gegen einen Neubau! Ganz ausdrücklich.
Vielleicht wäre eine Abstimmung der Erfurter Bürger bei einer so großen Investition angemessen?
Re: Stadionbau
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 12:08
von Museumsfreund
"Die Tendenz (lat. tendus wahrscheinlich) (Adj.: tendenziös, eine Tendenz erkennen lassend, parteilich gefärbt) beschreibt ein Streben, eine Neigung und eine Häufung von Ereignissen in eine bestimmte Richtung" - so steht es im Lexikon. Wie würden Sie, Herr/Frau Bürger-Mühlenviertel, die polemische Aufzählung aller Nachteile bei gleichzeitiger Unterschlag der Vorteile denn sonst bezeichnen?
Re: Stadionbau
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 17:09
von Erfurter_Radfahrer
Bevor hier ein Kleinkrieg über die Bedeutung der Wörter tendenziös und polemisch beginnt... zurück zum Thema!
Es scheint im Steigerwald-Stadion einen Investitionsbedarf zu geben. Erneuerungen und Umbauten würden sicherlich allen Stadion-Nutzern zu gute kommen. Dennoch geht es bei dem Bürgerbeteiligungshaushalt in diesem Jahr vor allem um "finanzielle Einsparmöglichkeiten". Es wäre deswegen vielleicht angebracht, über die Notwendigkeit eines sehr teuren Umbaus nachzudenken. Bisher hatte ich nie den Eindruck, dass die Fans des RWE im Stadion nicht genügend Sitzmöglichkeiten hatten... Da auch in Jena über ein Stadionneubau nachgedacht wurde, habe ich mich in der ganzen Diskussion gefragt, warum die Alternativen (gemeinsames Stadion zwischen Erfurt und Jena - bei Nohra) so schnell vergessen wurden?! Wird in Erfurt wirklich eine Hybridarena gebraucht, in denen doch eigentlich nur Bundesliga-Vereine spielen...
Deswegen sollte man die Idee vom Bürger-Mühlenviertel aufgreifen und - wie beim Hirschgarten geschehen - in einer repräsentativen Umfrage 5.000 Erfurter befragen, ob eine Stadionsanierung wirklich von einer Mehrheit gewünscht wird.
Re: Stadionbau
Verfasst: Freitag 11. September 2009, 15:16
von Enrico
Guten Tag,
von mir aus könnte ruhig ein Kleinkrieg ausbrechen, den würde ich ebenfalls gerne lesen.
Zum Thema Stadionneubau! Ich verheimlich nicht, dass ich gerne im Fernsehen sehe, wenn RWE gewinnt. ABER! Ich bin ebenfalls für eine Befragung der Erfurter Bürger, wie im Falle des Hirschgarten geschehen ist. Nicht nur die Zuschauer (zw. 3.000 -5.000) die 30 Mio. + x EUR bezahlen, sondern alle Erfurter mit ihren Steuergeldern.
Mit freundlichen Grüßen
Mitbürger Enrico Gorges
Re: Stadionbau
Verfasst: Samstag 12. September 2009, 22:10
von UZi
Eine Bürgerbefragung wäre hier auf alle Fälle eine Variante, um den Kleinkrieg, wie er hier schon ansatzweise zwischen Gegnern und Befürworten droht, aus dem Weg zu gehen.
Wobei ich schon zugeben muss, dass ich die aufgezählten Nachteile sehr gut nachvollziehen kann, ich aber noch keine Vorteile gelesen habe.
Re: Stadionbau
Verfasst: Montag 14. September 2009, 11:28
von Quotenbayer
Man sollte auf die Fussball Tickets auch gleich mal pro Nase 5 EUR Aufschlag verlangen. Die sollen die Grosseinsaetze der Polizei doch bitte selber zahlen. Es ist doch furchtbar, sich als Buerger bei jedem Grossaufgebot die Frage zu stellen ob es die Nazis oder die Fussballer (oder beide) sind, und ob wo wir hier eigentlich sind. Hat jedesmal so eine Aura von Totalitarismus diese Jungs in Schutzmontur, solche Bilder kennt man ja eher aus Weissrussland....
Re: Stadionbau
Verfasst: Dienstag 15. September 2009, 19:31
von ModeratorBBH1
Vorschlag eingegangen am 15.09.2009 als Brief, eingefügt von Moderator1
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch wenn ich wenig Hoffnung habe, dass meine Meinung Berücksichtigung im Haushalt 2010 finden wird teile ich Ihnen meine Auffassung dazu mit.
..... Ich hoffe, dass der Stadtrat im Plan 2010 die für den Umbau des Steigerwaldsta¬dions zugesagten Haushaltsmittel berücksichtigt. Leipzig, Magdeburg und Dresden haben trotz schwieriger Finanzlage bewiesen, wozu diese Kommunen fähig waren.
Re: Stadionbau
Verfasst: Mittwoch 16. September 2009, 10:58
von Museumsfreund
[quote="Moderator1"][color=#FF0000][i][b]Vorschlag eingegangen am 15.09.2009 als Brief, eingefügt von Moderator1[/b][/i][/color]
Sehr geehrte Damen und Herren,
auch wenn ich wenig Hoffnung habe, dass meine Meinung Berücksichtigung im Haushalt 2010 finden wird teile ich Ihnen meine Auffassung dazu mit.
..... Ich hoffe, dass der Stadtrat im Plan 2010 die für den Umbau des Steigerwaldsta¬dions zugesagten Haushaltsmittel berücksichtigt. Leipzig, Magdeburg und Dresden haben trotz schwieriger Finanzlage bewiesen, wozu diese Kommunen fähig waren.[/quote]
Ich kann das nur noch mal unterstreichen! Die gestrige Einweihung des neuen Dresdner Rudolf-Harbig-Stadions war ein Musterbeispiel dafür, wie ein solches Projekt in einer Stadt für Aufbruchstimmung sorgen kann und ihr Image als moderne Metropole aufpoliert. Ich hoffe sehr, dass sich Erfurt in dieser Hinsicht nicht selbst blockiert und unsere Stadtverordneten zu Ihrem Beschluss stehen! Im übrigen halte ich es für eine Mär, dass über Erfurt eine große Bau- und Sanierungswelle hereinbrechen würde, wenn das Stadionprojekt scheitern sollte.
Re: Stadionbau
Verfasst: Donnerstag 17. September 2009, 21:36
von christian
auch wenn mir die Idee eines neuen Aufbruchsstimmungs-Stadions gut gefällt, ich würde das Geld eher für die Schulen verwenden. Wenn eine Summe von 30 Mio. - wie oben erwähnt - aufgeteilt wird auf 60 Schulen, blieben für jede Schule immer noch 500.000 €. Damit lässt sich schon einiges sanieren!
Oder wenn ein Lehrer pro Jahr 50.000 € kostete, könnte man damit an 60 Schulen jeweils für 10 Jahre einen weiteren Lehrer anstellen. Auch wenn das letzte Beispiel hinkt, weil Lehrer wohl vom Land bezahlt werden, aber diese Art von Aufbruchsstimmung gefällt mir noch besser.
Re: Stadionbau
Verfasst: Freitag 18. September 2009, 09:42
von Bürger-Mühlenviertel
[quote="christian"]auch wenn mir die Idee eines neuen Aufbruchsstimmungs-Stadions gut gefällt, ich würde das Geld eher für die Schulen verwenden. Wenn eine Summe von 30 Mio. - wie oben erwähnt - aufgeteilt wird auf 60 Schulen, blieben für jede Schule immer noch 500.000 €. Damit lässt sich schon einiges sanieren!
Oder wenn ein Lehrer pro Jahr 50.000 € kostete, könnte man damit an 60 Schulen jeweils für 10 Jahre einen weiteren Lehrer anstellen. Auch wenn das letzte Beispiel hinkt, weil Lehrer wohl vom Land bezahlt werden, aber diese Art von Aufbruchsstimmung gefällt mir noch besser.[/quote]
Dem stimme ich voll und ganz zu. GErade in Zeiten knapper Mittel ist doch die Frage, wo man das knappe Geld ausgibt - meiner Meinung nach sollte das Stadium auf der Liste nicht vor Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen kommen. Und hier ist noch viel zu tun.
Re: Stadionbau
Verfasst: Freitag 18. September 2009, 14:18
von Museumsfreund
[quote="christian"]auch wenn mir die Idee eines neuen Aufbruchsstimmungs-Stadions gut gefällt, ich würde das Geld eher für die Schulen verwenden. Wenn eine Summe von 30 Mio. - wie oben erwähnt - aufgeteilt wird auf 60 Schulen, blieben für jede Schule immer noch 500.000 €. Damit lässt sich schon einiges sanieren!
Oder wenn ein Lehrer pro Jahr 50.000 € kostete, könnte man damit an 60 Schulen jeweils für 10 Jahre einen weiteren Lehrer anstellen. Auch wenn das letzte Beispiel hinkt, weil Lehrer wohl vom Land bezahlt werden, aber diese Art von Aufbruchsstimmung gefällt mir noch besser.[/quote]
Nicht nur die vom verhinderten Stadionprojekt zu bezahlenden Lehrer hinken bzw. würden deshalb wohl nie eingestellt, sondern auch die häufig zitierten 30 Millionen. Denn der größte Teil hiervon soll über Fördermittel des Landes fließen und steht damit keineswegs automatisch für andere städtische Projekte zur Verfügung. Das sollte mal deutlich gemacht werden, da wir über die Bürgerbeteiligung der Stadt reden. Also an alle Stadion-Gegner in Erfurt: Der Bär ist sehr viel kleiner, dessen Fell hier verteilt werden soll.
Re: Stadionbau
Verfasst: Freitag 18. September 2009, 15:44
von Erfurter_Radfahrer
@ Museumsfreund
Ja, freuen wir uns erstmal, dass der verschuldete Freistaat Thüringen derart viel Geld bereitstellt. Es geht bei dem Bürgerbeteiligungshaushalt vorallem um Einsparungen und ich denke auch, dass es dringlichere Dinge gibt, als das Stadion. Und wenn es dann damit kein Geld mehr vom Land gibt, freuen sich vorallem unsere Kinder - denn die müssen dann keine Schulden mehr tilgen. Alles eine Frage der Sichtweise :-)
Re: Stadionbau
Verfasst: Freitag 18. September 2009, 17:29
von Christian S
Eine Bürgerbefragung wäre sicher eine gute Lösung, birgt aber das Risiko, dass sich bestimmte Interessengruppen übermäßig herauskristallisieren und einige Bürger ohne genauen Kenntnisstand der Sachlage zu einer (möglicherweise) unbegründeten Entscheidung gelangen.
Das Beispiel Dresden finde ich prinzipiell gut, jedoch ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Stadt durch den verkauf des kommunalen Wohneigentums an eine private Investmentgesellschaft die Grundlage für einen ausgeglichenen Haushalt (auch mit Stadionbau) schaffen konnte.
Eine Landeshauptstadt braucht auch ein Stadion, das ist klar. Perspektivisch gesehen sollte man das auch nicht an der Leistung des RWE festmachen, denn Hannover oder Hoffenheim sind ein Beispiel dafür, wie innerhalb einer Zeitraums von 5-10 Jahren ein Verein an Popularität, Respekt und Zuschauern gewinnen kann (Unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen und des Mikrostandorts wird Erfurt jedoch immer Mittelfeld_Fussball spielen - aber das ist keinesfalls schlecht)
Hier geht es ja um eine Multifunktionale Nutzung. Zwar gibt es die Messehalle für Großveranstaltungen, sonst aber nix (die Thüringenhalle ist ja auch kritisch zu sehen, wer weiß wie lang das noch gut geht...)
Darum sorgt ein Stadion sicher für Aufbruchstimmung und macht sich im Stadtmarketing sehr gut. Wenn also Investitionen notwendig sind, dann soll man nicht nur rumflicken und dann in 5-10 Jahren wieder ranmüssen, sondern es gleich richtig machen. Vorausgesetzt sie sind NÖTIG! Aber dann bitte auch nicht gleich abheben und extraorbitante Summen für Architektur und Design ausgeben. Das kann Erfurt tatsächlich besser anlegen.
gleichzeitig sollte man sich schon frühzeitig Gedanken zu sinnvollen Public-Private-Partnership Konzepten machen. Vielleicht finden sich ja auch namensgebende Sponsoren. (Gegen Sparkassen-Arena hätte ich nix einzuwenden, passt ja auch farblich...)
In diesem Sinne...ich freue mich auf eine spannende Diskussion in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten, Jahren?